+In Partituren mit einer Stimme und einem System werden die Kontexte
+normalerweise automatisch erstellt. In komplizierteren Partituren
+muss man sie aber direkt erstellen. Es gibt drei Möglichkeiten,
+Kontexte zu erstellen:
+
+@funindex \new
+@funindex \context
+@funindex new
+@funindex context
+
+@cindex neue Kontexte
+@cindex Kontexte erstellen
+@cindex eigene Kontexte erstellen
+
+@itemize
+
+@item
+Der einfachste Befehl ist @code{\new}. Er wird zusammen mit dem
+Kontextnamen vor einem musikalischen Ausdruck eingesetzt, etwa
+
+@example
+\new @var{Kontext} @var{musik. Ausdruck}
+@end example
+
+@noindent
+wobei @var{Kontext} eine Kontextbezeichnung (wie @code{Staff} oder
+@code{Voice}) ist. Dieser Befehl erstellt einen neuen Kontext und
+beginnt mit der Auswertung von @var{musik. Ausdruck} innerhalb
+dieses Kontextes.
+
+Eine praktische Anwendung von @code{\new} ist eine Partitur mit vielen
+Systemen. Jede Stimme wird auf einem eigenen System notiert, das
+mit @code{\new Staff} begonnen wird.
+
+@lilypond[quote,verbatim,relative=2,ragged-right,fragment]
+<<
+ \new Staff { c4 c }
+ \new Staff { d4 d }
+>>
+@end lilypond
+
+Der @code{\new}-Befehl kann den Kontext auch benennen:
+
+@example
+\new @var{Kontext} = @var{ID} @var{musik. Ausdruck}
+@end example
+
+Dieser vom Benutzer definierte Name wird aber auch nur wirklich
+benutzt, wenn nicht vorher schon der gleiche Name definiert worden
+ist.
+
+@item
+Ähnlich dem @code{\new}-Befehl wird auch mit dem @code{\context}-Befehl
+ein musikalischer Ausdruck in einen Kontext umgeleitet. Diesem
+Kontext wird ein expliziter Name zugewiesen. Die Syntax lautet:
+
+@example
+\context @var{Kontext} = @var{ID} @var{musik. Ausdruck}
+@end example
+
+Diese Art von Befehl sucht nach einem existierenden Kontext vom Typus
+@var{Kontext} mit der Bezeichnung @var{ID}. Wenn ein derartiger
+Kontext nicht existiert, wird ein neuer Kontext mit der entsprechenden
+Bezeichnung erstellt. Das ist nützlich, wenn auf den Kontext später
+zurückverwiesen werden soll. Um etwa Gesangstext zu einer Melodie
+hinzuzufügen, wird die Melodie in einem bezeichneten Kontext
+notiert:
+
+@example
+\context Voice = "@b{Tenor}" @var{musik. Ausdruck}
+@end example
+
+@noindent
+sodass der Text an den Noten ausgerichtet werden kann:
+
+@example
+\new Lyrics \lyricsto "@b{Tenor}" @var{Gesangstext}
+@end example
+
+
+Eine andere Möglichkeit für bezeichnete Kontexte ist es, zwei
+unterschiedliche musikalische Ausdrücke in einen Kontext zu
+verschmelzen. Im nächsten Beispiel werden Artikulationszeichen
+und Noten getrennt notiert:
+
+@example
+Noten = @{ c4 c4 @}
+Artik = @{ s4-. s4-> @}
+@end example
+
+@noindent
+Dann werden sie kombiniert, indem sie dem selben @code{Voice}-Kontext
+zugewiesen werden:
+
+@example
+<<
+ \new Staff \context Voice = "A" \Noten
+ \context Voice = "A" \Artik
+>>
+@end example
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+music = { c4 c4 }
+arts = { s4-. s4-> }
+\relative c'' <<
+ \new Staff \context Voice = "A" \music
+ \context Voice = "A" \arts
+>>
+@end lilypond
+
+Durch diesen Mechanismus ist es möglich eine Urtextausgabe zu
+erstellen, mit der optionalen Möglichkeit, besimmte zusätzliche
+Artikulationszeichen zu den gleichen Noten hinzuzufügen und so
+eine editierte Ausgabe zu erhalten.
+
+@item
+Der dritte Befehl, um Kontexe zu erstellen, ist:
+
+@example
+\context @var{Kontext} @var{musik. Ausdruck}
+@end example
+
+@noindent
+Dies entspricht dem @code{\context} mit @code{= @var{ID}}, aber hier
+wird ein belieber Kontext des Typs @var{Kontext} gesucht und der
+musikalische Ausdruck darin ausgewertet, unabhängig von der Bezeichnung,
+die dem Kontext gegeben wurde.
+
+Diese Variante wird bei musikalischen Ausdrücken benutzt, die auf
+verschiedenen Ebenen interpretiert werden können. Beispielsweise
+der @code{\applyOutput}-Befehl (siehe
+@ref{Running a function on all layout objects}). Ohne einen
+expliziten @code{\context} wird die Ausgabe normalerweise einem
+@code{Voice}-Kontext zugewiesen:
+
+@example
+\applyOutput #'@var{Kontext} #@var{Funktion} % auf Voice anwenden
+@end example
+
+Damit aber die Funktion auf @code{Score}- oder @code{Staff}-Ebene
+interpretiert wird, muss folgende Form benutzt werden:
+
+@example
+\applyOutput #'Score #@var{Funktion}
+\applyOutput #'Staff #@var{Funktion}
+@end example
+
+@end itemize
+
+
+
+@node Keeping contexts alive
+@subsection Keeping contexts alive
+
+@cindex Kontexte, am Leben erhalten
+@cindex Kontexte, Lebensdauer
+
+Kontexte werden normalerweise am ersten musikalischen Moment
+beendet, an dem sie nichts mehr zu tun haben. Ein
+@code{Voice}-Kontext stirbt also sofort, wenn keine Ereignisse
+mehr auftreten, @code{Staff}-Kontexte sobald alle in ihnen
+enthaltenen @code{Voice}-Kontexte keine Ereignisse mehr aufweisen
+usw. Das kann Schwierigkeiten ergeben, wenn auf frühere
+Kontexte verwiesen werden soll, die in der Zwischenzeit schon
+gestorben sind, beispielsweise wenn man Systemwechsel mit
+@code{\change}-Befehlen vornimmt, wenn Gesangstext einer
+Stimme mit dem @code{\lyricsto}-Befehl zu gewiesen wird oder
+wenn weitere musikalische Ereignisse zu einem früheren Kontext
+hinzugefügt werden sollen.
+
+Es gibt eine Ausnahme dieser Regel: genau ein @code{Voice}-Kontext
+innerhalb eines @code{Staff}-Kontextes oder in einer
+@code{<<...>>}-Konstruktion bleibt immer erhalten bis zum Ende
+des @code{Staff}-Kontextes oder der @code{<<...>>}-Konstruktion, der ihn einschließt, auch wenn es Abschnitte gibt, in der er nichts zu
+tun hat. Der Kontext, der erhalten bleibt ist immer der erste,
+der in der ersten enthaltenden @code{@{...@}}-Konstruktion
+angetroffen wird, wobei @code{<<...>>}-Konstruktionen ignoriert
+werden.
+
+Jeder Kontext kann am Leben gehalten werden, indem man sicherstellt
+dass er zu jedem musikalischen Moment etwas zu tun hat.
+@code{Staff}-Kontexte werden am Leben gehalten, indem man sicherstellt,
+dass eine der enthaltenen Stimmen am Leben bleibt. Eine Möglichkeit,
+das zu erreichen, ist es, unsichtbare Pause zu jeder Stimme
+hinzuzufügen, die am Leben gehalten werden soll. Wenn mehrere
+Stimmen sporadisch benutzt werden sollen, ist es am sichersten,
+sie alle am Leben zu halten und sich nicht auf die Ausnahmeregel
+zu verlassen, die im vorigen Abschnitt dargestellt wurde.
+
+Im folgenden Beispiel werden sowohl Stimme A als auch B auf diese
+Weise für die gesamte Dauer des Stückes am Leben gehalten.
+
+@lilypond[quote,verbatim]
+musicA = \relative c'' { d4 d d d }
+musicB = \relative c'' { g4 g g g }
+keepVoicesAlive = {
+ <<
+ \new Voice = "A" { s1*5 } % Keep Voice "A" alive for 5 bars
+ \new Voice = "B" { s1*5 } % Keep Voice "B" alive for 5 bars
+ >>
+}
+
+music = {
+ \context Voice = "A" {
+ \voiceOneStyle
+ \musicA
+ }
+ \context Voice = "B" {
+ \voiceTwoStyle
+ \musicB
+ }
+ \context Voice = "A" { \musicA }
+ \context Voice = "B" { \musicB }
+ \context Voice = "A" { \musicA }
+}
+
+\score {
+ \new Staff <<
+ \keepVoicesAlive
+ \music
+ >>
+}
+@end lilypond
+
+@cindex Gesangstext, an einer sporadischen Melodie ausrichten
+
+Das nächste Beispiel zeigt eine Melodie, die zeitweise unterbrochen
+wird und wie man den entsprechenden Gesangstext mit ihr verknüpfen
+kann, indem man die Stimme am Leben hält. In wirklichen Situationen
+würden Begleitung und Melodie natürlich aus mehreren Abschnitten bestehen.
+
+@lilypond[quote,verbatim]
+melody = \relative c'' { a4 a a a }
+accompaniment = \relative c' { d4 d d d }
+words = \lyricmode { These words fol -- low the mel -- o -- dy }
+\score {
+ <<
+ \new Staff = "music" {
+ <<
+ \new Voice = "melody" {
+ \voiceOne
+ s1*4 % Keep Voice "melody" alive for 4 bars
+ }
+ {
+ \new Voice = "accompaniment" {
+ \voiceTwo
+ \accompaniment
+ }
+ <<
+ \context Voice = "melody" { \melody }
+ \context Voice = "accompaniment" { \accompaniment }
+ >>
+ \context Voice = "accompaniment" { \accompaniment }
+ <<
+ \context Voice = "melody" { \melody }
+ \context Voice = "accompaniment" { \accompaniment }
+ >>
+ }
+ >>
+ }
+ \new Lyrics \with { alignAboveContext = #"music" }
+ \lyricsto "melody" { \words }
+ >>
+}
+@end lilypond
+
+Eine Alternative, die in manchen Umständen besser geeignet sein kann,
+ist es, einfach unsichtbare Pausen einzufügen, um die Melodie
+mit der Begleitung passend auszurichten:
+
+@lilypond[quote,verbatim]
+melody = \relative c'' {
+ s1 % skip a bar
+ a4 a a a
+ s1 % skip a bar
+ a4 a a a
+}
+accompaniment = \relative c' {
+ d4 d d d
+ d4 d d d
+ d4 d d d
+ d4 d d d
+}
+words = \lyricmode { These words fol -- low the mel -- o -- dy }
+
+\score {
+ <<
+ \new Staff = "music" {
+ <<
+ \new Voice = "melody" {
+ \voiceOne
+ \melody
+ }
+ \new Voice = "accompaniment" {
+ \voiceTwo
+ \accompaniment
+ }
+ >>
+ }
+ \new Lyrics \with { alignAboveContext = #"music" }
+ \lyricsto "melody" { \words }
+ >>
+}
+@end lilypond
+