--- /dev/null
+@c -*- coding: utf-8; mode: texinfo; -*-
+
+@ignore
+ Translation of GIT committish: 4582b7b24d22b2041bfcba49e716a714effcce92
+
+
+ When revising a translation, copy the HEAD committish of the
+ version that you are working on. See TRANSLATION for details.
+@end ignore
+
+@c \version "2.13.4"
+
+@node Notensatz
+@chapter Notensatz
+@translationof Music engraving
+
+Dieser Abschnitt erklärt die Ziele und die Architektur von LilyPond.
+
+@menu
+* Notensatz::
+* Automatisierter Notensatz::
+* Welche Symbole?::
+* Die Darstellung der Musik::
+* Beispielanwendung::
+@end menu
+
+
+@node Notensatz
+@unnumberedsubsec Notensatz
+@translationof Engraving
+
+@cindex Notensatz
+@cindex Typographie
+@cindex Notengravur
+@cindex Gravur, Notensatz
+@cindex Plattendruck, Noten
+
+Die Kunst des Notensatzes wird auch als Notenstich bezeichnet. Dieser
+Begriff stammt aus dem traditionellen Notendruck. Noch bis vor etwa 20
+Jahren wurden Noten erstellt, indem man sie in eine Zink- oder Zinnplatte
+schnitt oder mit Stempeln schlug. Diese Platte wurde dann mit Druckerschwärze
+ versehen, so dass sie in den geschnittenen und gestempelten Vertiefungen
+blieb. Diese Vertiefungen schwärzten dann ein auf die Platte gelegtes
+Papier. Das Gravieren wurde vollständig von Hand erledigt. Es war darum
+sehr mühsam, Korrekturen anzubringen, weshalb man von vornherein richtig
+ schneiden musste. Es handelte sich dabei um ein sehr spezialisiertes Handwerk.
+
+Heutzutage wird fast alle gedruckte Musik von Computern erstellt. Das
+hat einige deutliche Vorteile: Drucke sind billiger als die gravierten
+Platten und der Computersatz kann per E-Mail verschickt werden. Leider
+hat der intensive Einsatz des Computers die graphische Qualität
+des Notensatzes vermindert. Mit dem Computer erstellte Noten sehen
+langweilig und mechanisch aus, was es erschwert, von ihnen zu spielen.
+
+
+@c introduce illustrating aspects of engraving, font...
+Die Abbildung unten illustriert den Unterschied zwischen
+traditionellem Notensatz und einem typischen Computersatz. Das
+dritte Bild zeigt, wie LilyPond die Formen des traditionellen
+Satzes nachahmt. Das linke Bild zeigt ein eingescanntes b-Vorzeichen
+aus einer 2000 herausgegebenen Edition. Das mittlere Bild
+zeigt das b-Vorzeichen derselben Musik aus einer handgestochenen
+Bärenreiter-Ausgabe. Das linke Bild zeigt die typischen Makel
+des Computer-Satzes: Die Notenlinien sind sehr dünn, die Schwärze
+des Vorzeichens entspricht den dünnen Linien und hat eine gerade
+Form mit scharfen Ecken und Kanten. Im Gegensatz dazu hat das
+Bärenreiter-Vorzeichen dicke, geradezu sinnlich rundliche
+Formen. Unser Symbol für das Vorzeichen hat neben anderen
+auch dieses b als Vorbild. Es ist abgerundet und passt zu unseren
+Notenlinien, die sehr viel dicker sind als die der entsprechenden
+Computer-Ausgabe.
+
+@multitable @columnfractions .125 .25 .25 .25 .125
+@item @tab
+@ifnotinfo
+@iftex
+@image{pictures/henle-flat-gray,,4cm}
+@end iftex
+@ifnottex
+@image{pictures/henle-flat-gray,,,png}
+@end ifnottex
+
+@tab
+@iftex
+@image{pictures/baer-flat-gray,,4cm}
+@end iftex
+@ifnottex
+@image{pictures/baer-flat-gray,,,png}
+@end ifnottex
+
+@tab
+@iftex
+@image{pictures/lily-flat-bw,,4cm}
+@end iftex
+@ifnottex
+@image{pictures/lily-flat-bw,,,png}
+@end ifnottex
+@end ifnotinfo
+@ifinfo
+@image{pictures/henle-flat-bw,,,png}
+@image{pictures/baer-flat-bw,,,,png}
+@image{pictures/lily-flat-bw,,,png}
+@end ifinfo
+
+@item @tab
+Henle (2000)
+@tab
+Bärenreiter (1950)
+@tab
+LilyPond Feta-Schriftart (2003)
+
+@end multitable
+
+
+@cindex Musiksymbole
+@cindex Schriftart
+@cindex Dichte
+@cindex Balance
+
+@c introduce illustrating aspects of engraving, spacing...
+Die Verteilung der Noten innerhalb des Taktes sollte ihrer Dauer
+entsprechen. Moderne Partituren zeigen diese Verhältnisse jedoch
+mit einer mathematischen Präzision, die nur sehr schlechte
+Ergebnisse bringt. Im nächsten Beispiel ist ein Motiv zweimal
+gesetzt: einmal mit den exakten mathematischen Längenverhältnissen, dann
+mit kleinen Korrekturen. Welches von beiden ist mit dieser Korrektur
+gesetzt?
+
+@cindex Optischer Ausgleich
+@c file spacing-optical.
+@c need to include it here, because we want two images.
+@lilypond
+\paper {
+ ragged-right = ##t
+ indent = #0.0
+}
+
+music = {
+ c'4 e''4 e'4 b'4 |
+ \stemDown
+ b'8[ e'' a' e'']
+ \stemNeutral
+ e'8[ e'8 e'8 e'8]
+}
+
+\score
+{
+ \music
+ \layout {
+ \context {
+ \Staff
+ \override NoteSpacing #'stem-spacing-correction = #0.6
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+@lilypond
+\paper {
+ ragged-right = ##t
+ indent = #0.0
+}
+
+music = {
+ c'4 e''4 e'4 b'4 |
+ \stemDown
+ b'8[ e'' a' e'']
+ \stemNeutral
+ e'8[ e'8 e'8 e'8]
+}
+\score
+{
+ \music
+ \layout {
+ \context {
+ \Staff
+ \override NoteSpacing #'stem-spacing-correction = #0.0
+ \override NoteSpacing #'same-direction-correction = #0.0
+ \override StaffSpacing #'stem-spacing-correction = #0.0
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+@cindex normale Rhythmen
+@cindex normale Abstände
+@cindex Abstände, normal
+@cindex Rhythmen, normal
+
+In diesem Ausschnitt kommen nur Viertel vor, Noten, die in einem
+ gleichmäßigen Rhythmus gespielt werden. Die Abstände sollten das
+ widerspiegeln. Leider lässt uns aber das Auge im Stich: es beachtet
+ nicht nur den Abstand von aufeinander folgenden Notenköpfen, sondern
+ auch den ihrer Hälse. Also müssen Noten, deren Hälse in direkter
+ Folge zuerst nach oben und dann nach unten ausgerichtet sind, weiter
+ auseinander gezogen werden, während die unten/oben-Folge engere
+ Abstände fordert, und das alles auch noch in Abhängigkeit von der
+vertikalen Position der Noten. Das obere Beispiel ist mit dieser
+Korrektur gesetzt, das untere ohne. In letzterem Fall bilden sich
+für das Auge bei unten/oben-Folgen Notenklumpen mit schmalen Abständen
+zwischen den Notenhälsen.
+
+@cindex Typographie
+
+Musiker sind üblicherweise zu sehr damit beschäftigt, die Musik aufzuführen,
+als dass sie das Aussehen der Noten studieren könnten; und diese
+Beschäftigung mit typographischen Details mag akademisch wirken.
+Das ist sie aber nicht. Unser Beispielstück hat einen
+monotonen Rhythmus, und wenn alle Zeilen einförmig aussehen, wird
+das Notenblatt zu einem Labyrinth. Wenn der Spieler auch nur
+einmal wegschaut oder kurze Zeit unkonzentriert ist, findet er
+nicht mehr zurück zu der Stelle, an der er war.
+
+Der dichtere Eindruck, den die dickeren Notenlinien und schwereren
+Notationssymbole schaffen, eignet sich auch besser für Noten,
+die weit vom Leser entfernt stehen, etwa auf einem Notenständer.
+Eine sorgfältige Verteilung der Zwischenräume erlaubt es, die
+Noten sehr dicht zu setzen, ohne dass die Symbole zusammenklumpen.
+Dadurch werden unnötige Seitenumbrüche vermieden, so dass man
+nicht so oft blättern muss.
+
+Dies sind die Anforderungen der Typographie: Das Layout sollte
+schön sein -- nicht aus Selbstzweck, sondern um dem Leser zu helfen. Für
+Aufführungsmaterial ist das umso wichtiger, denn Musiker haben eine begrenzte
+Aufnahmefähigkeit. Je weniger Mühe nötig ist, die Noten zu erfassen, desto mehr
+Zeit bleibt für die Gestaltung der eigentlichen Musik. Das heißt: Gute
+Typographie führt zu besseren Aufführungen!
+
+Die Beispiele haben gezeigt, dass der Notensatz eine subtile und
+komplexe Kunst ist und gute Ergebnisse nur mit viel Erfahrung
+erlangt werden können, die Musiker normalerweise nicht haben.
+LilyPond stellt unser Bemühen dar, die graphische Qualität
+handgestochener Notenseiten ins Computer-Zeitalter zu transportieren
+und sie für normale Musiker erreichbar zu machen. Wir haben
+unsere Algorithmen, die Gestalt der Symbole und die Programm-Einstellungen
+darauf abgestimmt, einen Ausdruck zu erzielen, der der Qualität
+der alten Editionen entspricht, die wir so gerne betrachten
+und aus denen wir gerne spielen.
+
+
+
+@node Automatisierter Notensatz
+@unnumberedsubsec Automatisierter Notensatz
+@translationof Automated engraving
+
+@cindex Notensatz, automatisch
+@cindex automatischer Notensatz
+
+Wie sollen wir also jetzt die Typographie anwenden?
+Wie können wir erwarten, dass wir in der Lage wären,
+ein Programm zu schreiben, dass den Beruf des
+Notenstechers ersetzt, wo dieser doch mehr als zehn
+Jahre braucht, um ein Meister zu werden?
+
+Wir können es tatsächlich nicht! Da Typographie allein
+durch das menschliche Auge bestimmt ist, kann der Mensch
+nicht ersetzt werden. Aber sehr viel mechanische Arbeit
+kann automatisiert werden. Indem etwa LilyPond die üblichen
+Situationen kennt und bewältigt, können die restlichen
+Fehler von Hand beseitigt werden. Das ist schon ein
+großer Fortschritt im Vergleich zu den existierenden
+Programmen. Und mit der Zeit können immer mehr Fälle
+automatisiert werden, so dass immer weniger Eingriffe
+von Hand notwendig werden.
+
+
+Als wir anfingen, haben wir LilyPond vollständig in der Programmiersprache C++
+geschrieben. Das hieß, dass der Funktionsumfang des Programms vollständig durch
+die Programmierer festgelegt war. Das stellte sich aus einer Reihe von Gründen
+als unzureichend heraus:
+
+@itemize @bullet
+@item Wenn LilyPond Fehler macht, muss der Benutzer die
+Einstellungen ändern können. Er muss also Zugang zur
+Formatierungsmaschinerie haben. Deshalb können die Regeln und
+Einstellungen nicht beim Kompilieren des Programms festgelegt
+werden, sondern sie müssen zugänglich sein, während das Programm
+aktiv ist.
+
+
+@item Notensatz ist eine Frage des Augenmaßes, und damit auch vom
+ Geschmack abhängig. Benutzer können mit unseren Entscheidungen
+unzufrieden sein. Darum müssen also auch die Definitionen des
+typographischen Stils dem Benutzer zugänglich sein.
+
+@item Schließlich verfeinern wir unseren Formatierungsalgorithmus
+immer weiter, also müssen die Regeln auch flexibel sein. Die
+Sprache C++ zwingt zu einer bestimmten Gruppierungsmethode,
+die nicht den Regeln für den Notensatz entspricht.
+@end itemize
+
+@cindex Scheme-Programmiersprache
+
+Diese Probleme wurden angegangen, indem ein Übersetzer für
+die Programmiersprache Scheme integriert wurde und Teile
+von LilyPond in Scheme neu geschrieben wurden. Die derzeitige
+Formatierungsarchitektur ist um die Notation von graphischen
+Objekten herum aufgebaut, die von Scheme-Variablen und -Funktionen
+beschrieben werden. Diese Architektur umfasst Formatierungsregeln,
+typographische Stile und individuelle Formatierungsentscheidungen.
+Der Benutzer hat direkten Zugang zu den meisten dieser Einstellungen.
+
+Scheme-Variablen steuern Layout-Entscheidungen. Zum Beispiel haben
+viele graphische Objekte eine Richtungsvariable, die zwischen
+oben und unten (oder rechts und links) wählen kann. Hier etwa
+sind zwei Akkorde mit Akzenten und Arpeggien.
+Beim ersten Akkord sind alle Objekte nach unten (oder links)
+ ausgerichtet, beim zweiten nach oben (rechts).
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\new Score \with {
+ \override SpacingSpanner #'spacing-increment = #3
+ \override TimeSignature #'transparent = ##t
+} \relative c' {
+ \stemDown <e g b>4_>-\arpeggio
+ \override Arpeggio #'direction = #RIGHT
+ \stemUp <e g b>4^>-\arpeggio
+}
+@end lilypond
+
+@cindex Formatierung einer Partitur
+@cindex Partitur, Formatierung
+@cindex Formatierungsregeln
+
+@noindent
+Der Prozess des Notensetzens besteht für das Programm darin,
+die Variablen der graphischen Objekte zu lesen und zu
+schreiben. Einige Variablen haben festgelegte Werte. So
+ist etwa die Dicke von vielen Linien – ein Charakteristikum
+des typographischen Stils – von vornherein festgelegt.
+Wenn sie geändert werden, ergibt sich ein anderer typographischer Eindruck.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+fragment = {
+ \clef bass f8 as8
+ c'4-~ c'16 as g f e16 g bes c' des'4
+}
+<<
+ \new Staff \fragment
+ \new Staff \with {
+ \override Beam #'beam-thickness = #0.3
+ \override Stem #'thickness = #0.5
+ \override Bar #'thickness = #3.6
+ \override Tie #'thickness = #2.2
+ \override StaffSymbol #'thickness = #3.0
+ \override Tie #'extra-offset = #'(0 . 0.3)
+ }
+ \fragment
+>>
+@end lilypond
+
+Formatierungsregeln sind auch vorbelegte Variablen. Zu jedem Objekt gehören
+Variablen, die Prozeduren enthalten. Diese Prozeduren machen die eigentliche
+Satzarbeit aus, und wenn man sie durch andere ersetzt, kann die Darstellung
+von Objekten verändert werden. Im nächsten Beispiel wird die Regel, nach der
+die Notenköpfe gezeichnet werden, während des Ausschnitts verändert.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+#(set-global-staff-size 30)
+
+#(define (mc-squared grob orig current)
+ (let* ((interfaces (ly:grob-interfaces grob))
+ (pos (ly:grob-property grob 'staff-position)))
+ (if (memq 'note-head-interface interfaces)
+ (begin
+ (ly:grob-set-property! grob 'stencil
+ (grob-interpret-markup grob
+ (make-lower-markup 0.5
+ (case pos
+ ((-5) "m")
+ ((-3) "c ")
+ ((-2) (make-smaller-markup (make-bold-markup "2")))
+ (else "bla")))))))))
+
+\new Voice \relative c' {
+ \stemUp
+ \set autoBeaming = ##f
+ \time 2/4
+ <d f g>4
+ \once \override NoteHead #'stencil = #note-head::brew-ez-stencil
+ \once \override NoteHead #'font-size = #-7
+ \once \override NoteHead #'font-family = #'sans
+ \once \override NoteHead #'font-series = #'bold
+ <d f g>4
+ \once \override NoteHead #'style = #'cross
+ <d f g>4
+ \applyOutput #'Voice #mc-squared
+ <d f g>4
+ <<
+ { d8[ es-( fis^^ g] fis2-) }
+ \repeat unfold 5 { \applyOutput #'Voice #mc-squared s8 }
+ >>
+}
+@end lilypond
+
+
+
+@node Welche Symbole?
+@unnumberedsubsec Welche Symbole?
+@translationof What symbols to engrave?
+
+@cindex Notensatz
+@cindex Typographie
+@cindex Stempel
+@cindex Matrize
+@cindex Engraver
+@cindex Plugin
+
+Während des Notensatzprozesses entscheidet sich, wo
+Symbole platziert werden. Das kann aber nur gelingen,
+wenn vorher entschieden wird, @emph{welche} Symbole
+gesetzt werden sollen, also welche Art von Notation benutzt
+werden soll.
+
+Die heutige Notation ist ein System zur Musikaufzeichnung,
+das sich über die letzten 1000 Jahre entwickelt hat. Die
+Form, die heute üblicherweise benutzt wird, stammt aus dem
+Barock. Auch wenn sich die grundlegenden Formen (also
+die Notenköpfe, das Fünfliniensystem) nicht verändert haben,
+entwickeln sich die Details trotzdem immer noch weiter, um
+die Errungenschaften der Neuen Musik darstellen zu können. Die
+Notation umfasst also 500 Jahre Musikgeschichte. Ihre Anwendung
+reicht von monophonen Melodien bis zu ungeheuer komplexem Kontrapunkt
+für großes Orchester.
+
+Wie bekommen wir dieses vielköpfige Monster zu fassen?
+Unsere Lösung ist es, eine strikte Trennung zwischen der Notation,
+also welche Symbole benutzt werden, und dem Satz, also wohin sie
+gesetzt werden, zu machen. Um das Problem anzupacken, haben wir
+es in kleine (programmierbare) Happen zerteilt, so dass jede Art
+von Symbol durch ein eigenes Plugin verarbeitet wird. Alle Plugins
+ kooperieren durch die LilyPond-Architektur. Sie sind vollständig
+modular und unabhängig und können somit auch unabhängig voneinander
+ entwickelt werden. Der Schreiber, der die Musik in Graphik umwandelt,
+ ist ein Kopist oder Notenstecher (engl. engraver). Darum werden
+die Plugins als @code{engraver} bezeichnet.
+
+Im nächsten Beispiel wird gezeigt, wie mit dem Plugin für die Notenköpfe,
+dem @code{Note_heads_engraver} (@qq{Notenkopfstecher}) der Satz begonnen wird.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+
+\score {
+ \topVoice
+ \layout {
+ \context {
+ \Voice
+ \remove "Stem_engraver"
+ \remove "Phrasing_slur_engraver"
+ \remove "Slur_engraver"
+ \remove "Script_engraver"
+ \remove "Beam_engraver"
+ \remove "Auto_beam_engraver"
+ }
+ \context {
+ \Staff
+ \remove "Accidental_engraver"
+ \remove "Key_engraver"
+ \remove "Clef_engraver"
+ \remove "Bar_engraver"
+ \remove "Time_signature_engraver"
+ \remove "Staff_symbol_engraver"
+ \consists "Pitch_squash_engraver"
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+@noindent
+Dann fügt ein @code{Staff_symbol_engraver} (@qq{Notensystemstecher})
+die Notenlinien hinzu.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+
+\score {
+ \topVoice
+ \layout {
+ \context {
+ \Voice
+ \remove "Stem_engraver"
+ \remove "Phrasing_slur_engraver"
+ \remove "Slur_engraver"
+ \remove "Script_engraver"
+ \remove "Beam_engraver"
+ \remove "Auto_beam_engraver"
+ }
+ \context {
+ \Staff
+ \remove "Accidental_engraver"
+ \remove "Key_engraver"
+ \remove "Clef_engraver"
+ \remove "Bar_engraver"
+ \consists "Pitch_squash_engraver"
+ \remove "Time_signature_engraver"
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+@noindent
+Der @code{Clef_engraver} (@qq{Notenschlüsselstecher}) definiert
+eine Referenzstelle für das System.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+
+\score {
+ \topVoice
+ \layout {
+ \context {
+ \Voice
+ \remove "Stem_engraver"
+ \remove "Phrasing_slur_engraver"
+ \remove "Slur_engraver"
+ \remove "Script_engraver"
+ \remove "Beam_engraver"
+ \remove "Auto_beam_engraver"
+ }
+ \context {
+ \Staff
+ \remove "Accidental_engraver"
+ \remove "Key_engraver"
+ \remove "Bar_engraver"
+ \remove "Time_signature_engraver"
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+@noindent
+Der @code{Stem_engraver} (@qq{Halsstecher}) schließlich fügt
+ Hälse hinzu.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+
+\score {
+ \topVoice
+ \layout {
+ \context {
+ \Voice
+ \remove "Phrasing_slur_engraver"
+ \remove "Slur_engraver"
+ \remove "Script_engraver"
+ \remove "Beam_engraver"
+ \remove "Auto_beam_engraver"
+ }
+ \context {
+ \Staff
+ \remove "Accidental_engraver"
+ \remove "Key_engraver"
+ \remove "Bar_engraver"
+ \remove "Time_signature_engraver"
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+@noindent
+Dem @code{Stem_engraver} wird jeder Notenkopf mitgeteilt,
+der vorkommt. Jedes Mal, wenn ein Notenkopf erscheint (oder mehrere bei
+einem Akkord), wird ein Hals-Objekt erstellt und an den
+Kopf geheftet. Wenn wir dann noch engraver für Balken, Bögen,
+Akzente, Vorzeichen, Taktlinien, Taktangaben und Tonartbezeichnungen
+hinzufügen, erhalten wir eine vollständige Notation.
+
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+\score { \topVoice }
+@end lilypond
+
+@cindex Polyphonie
+@cindex Mehrstimmigkeit
+@cindex Notensatz, Mehrstimmigkeit
+@cindex Kontexte
+
+Dieses System funktioniert gut für monophone Musik, aber wie geht
+es mit Polyphonie? Hier müssen sich mehrere Stimmen ein System teilen.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+\new Staff << \topVoice \\ \botVoice >>
+@end lilypond
+
+In diesem Fall benutzen beide Stimmen das System und die Vorzeichen gemeinsam,
+aber die
+Hälse, Bögen, Balken usw. sind jeder einzelnen Stimme eigen. Die engraver
+müssen also gruppiert werden. Die Köpfe, Hälse, Bögen usw. werden
+in einer Gruppe mit dem Namen @qq{Voice context} (Stimmenkontext)
+zusammengefasst, die engraver für den Schlüssel, die Vorzeichen,
+Taktstriche usw. dagegen in einer Gruppe mit dem Namen @qq{Staff context}
+(Systemkontext). Im Falle von Polyphonie hat ein Staff-Kontext dann also
+mehr als nur einen Voice-Kontext. Auf gleiche Weise können auch mehrere Staff-Kontexte
+in einen großen Score-Kontext (Partiturkontext) eingebunden werden.
+
+
+@seealso
+Programmreferenz: @rinternals{Contexts}.
+
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+\include "engraver-example.ily"
+\score {
+ <<
+ \new Staff << \topVoice \\ \botVoice >>
+ \new Staff << \pah \\ \hoom >>
+ >>
+}
+@end lilypond
+
+@node Die Darstellung der Musik
+@unnumberedsubsec Die Darstellung der Musik
+@translationof Music representation
+
+@cindex Syntax
+@cindex rekursive Strukturen
+
+Idealerweise ist das Eingabeformat für ein komplexes Satzsystem die
+abstrakte Beschreibung des Inhaltes. In diesem Fall wäre das die
+Musik selber. Das stellt uns aber vor ein ziemlich großes Problem,
+denn wie können wir definieren, was Musik wirklich ist? Anstatt darauf
+eine Antwort zu suchen, haben wir die Frage einfach umgedreht. Wir
+schreiben ein Programm, das den Notensatz beherrscht und machen das
+Format so einfach wie möglich. Wenn es nicht mehr vereinfacht
+werden kann, haben wir per Definition nur noch den reinen Inhalt. Unser
+Format dient als die formale Definition eines Musiktextes.
+
+Die Syntax ist gleichzeitig die Benutzerschnittstelle bei LilyPond,
+darum soll sie einfach zu schreiben sein; z. B. bedeutet
+
+@example
+c'4 d'8
+@end example
+
+@noindent
+eine Viertel c' und eine Achtel d', wie in diesem Beispiel:
+
+@lilypond[quote]
+{
+ c'4 d'8
+}
+@end lilypond
+
+In kleinem Rahmen ist diese Syntax sehr einfach zu benutzen. In
+größeren Zusammenhängen aber brauchen wir Struktur. Wie sonst kann
+man große Opern oder Symphonien notieren? Diese Struktur wird
+gewährleistet durch sog. music expressions (Musikausdrücke): indem
+kleine Teile zu größeren kombiniert werden, kann komplexere Musik
+dargestellt werden. So etwa hier:
+
+@lilypond[quote,verbatim,fragment,relative=1]
+f4
+@end lilypond
+
+@noindent
+Gleichzeitig erklingende Noten werden hinzugefügt, indem man alle in @code{<<} und @code{>>} einschließt.
+
+@c < > is not a music expression,
+@c so we use <<>> iso. <> to drive home the point of
+@c expressions. Don't change this back --hwn.
+@example
+<<c4 d4 e4>>
+@end example
+
+@lilypond[quote,fragment,relative=1]
+\new Voice { <<c4 d4 e>> }
+@end lilypond
+
+@noindent
+Um aufeinanderfolgende Noten darzustellen, werden sie in geschweifte Klammern gefasst:
+
+@code{@{@tie{}@dots{}@tie{}@}}
+
+@example
+@{ f4 <<c4 d4 e4>> @}
+@end example
+
+@lilypond[quote,relative=1,fragment]
+{ f4 <<c d e4>> }
+@end lilypond
+
+@noindent
+Dieses Gebilde ist in sich wieder ein Ausdruck, und kann
+daher mit einem anderen Ausdruck kombiniert werden (hier mit einer Halben).
+
+@example
+<< g2 \\ @{ f4 <<c4 d4 e4>> @} >>
+@end example
+
+@lilypond[quote,fragment,relative=2]
+\new Voice { << g2 \\ { f4 <<c d e>> } >> }
+@end lilypond
+
+Solche geschachtelten Strukturen können sehr gut in einer
+kontextunabhängigen Grammatik beschrieben werden. Der Programmcode
+für den Satz ist auch mit solch einer Grammatik erstellt. Die Syntax
+von LilyPond ist also klar und ohne Zweideutigkeiten definiert.
+
+Die Benutzerschnittstelle und die Syntax werden als erstes vom Benutzer
+wahrgenommen. Teilweise sind sie eine Frage des Geschmackes und werden viel
+diskutiert. Auch wenn Geschmacksfragen ihre Berechtigung
+haben, sind sie nicht sehr produktiv. Im großen Rahmen von LilyPond
+spielt die Eingabe-Syntax nur eine geringe Rolle, denn eine logische
+Syntax zu schreiben ist einfach, guten Formatierungscode aber sehr viel
+schwieriger. Das kann auch die Zeilenzahl der Programmzeilen zeigen:
+Analysieren und Darstellen nimmt nur etwa 10% des Codes ein:
+
+@node Beispielanwendung
+@unnumberedsubsec Beispielanwendung
+@translationof Example applications
+
+@cindex einfaches Beispiel
+@cindex Beispiel, einfach
+
+Wir haben LilyPond als einen Versuch geschrieben, wie man die Kunst des
+Musiksatzes in ein Computerprogramm gießen kann. Dieses
+Programm kann nun dank vieler harter Arbeitsstunden benutzt werden,
+um sinnvolle Aufgaben zu erledigen. Die einfachste ist dabei der
+Notendruck.
+
+@lilypond[quote,relative=1]
+{
+ \time 2/4
+ c4 c g'4 g a4 a g2
+}
+@end lilypond
+
+@noindent
+Indem wir Akkordsymbole und einen Text hinzufügen, erhalten wir
+ein Lead Sheet.
+
+@lilypond[quote,ragged-right]
+<<
+ \chords { c2 c f2 c }
+ \new Staff
+ \relative c' {
+ \time 2/4
+ c4 c g' g a a g2
+ }
+ \addlyrics { twin -- kle twin -- kle lit -- tle star }
+>>
+@end lilypond
+
+Mehrstimmige Notation und Klaviermusik kann auch gesetzt werden. Das
+nächste Beispiel zeigt einige etwas exotischere Konstruktionen:
+
+@lilypond[quote]
+\header {
+ title = "Screech and boink"
+ subtitle = "Random complex notation"
+ composer = "Han-Wen Nienhuys"
+}
+
+\score {
+ \context PianoStaff <<
+ \new Staff = "up" {
+ \time 4/8
+ \key c \minor
+ << {
+ \revert Stem #'direction
+ \change Staff = down
+ \set subdivideBeams = ##t
+ g16.[
+ \change Staff = up
+ c'''32
+ \change Staff = down
+ g32
+ \change Staff = up
+ c'''32
+ \change Staff = down
+ g16]
+ \change Staff = up
+ \stemUp
+ \set followVoice = ##t
+ c'''32([ b''16 a''16 gis''16 g''32)]
+ } \\ {
+ s4 \times 2/3 { d'16[ f' g'] } as'32[ b''32 e'' d'']
+ } \\ {
+ s4 \autoBeamOff d''8.. f''32
+ } \\ {
+ s4 es''4
+ } >>
+ }
+
+ \new Staff = "down" {
+ \clef bass
+ \key c \minor
+ \set subdivideBeams = ##f
+ \override Stem #'french-beaming = ##t
+ \override Beam #'beam-thickness = #0.3
+ \override Stem #'thickness = #4.0
+ g'16[ b16 fis16 g16]
+ << \makeClusters {
+ as16 <as b>
+ <g b>
+ <g cis>
+ } \\ {
+ \override Staff.Arpeggio #'arpeggio-direction =#down
+ <cis, e, gis, b, cis>4\arpeggio
+ }
+ >> }
+ >>
+ \midi {
+ \context {
+ \Score
+ tempoWholesPerMinute = #(ly:make-moment 60 8)
+ }
+ }
+ \layout {
+ \context {
+ \Staff
+ \consists Horizontal_bracket_engraver
+ }
+ }
+}
+@end lilypond
+
+Die obenstehenden Beispiele wurde manuell erstellt, aber das ist nicht
+die einzige Möglichkeit. Da der Satz fast vollständig automatisch abläuft,
+kann er auch von anderen Programmen angesteuert werden, die Musik oder Noten
+verarbeiten. So können etwa ganze Datenbanken musikalischer Fragmente automatisch
+in Notenbilder umgewandelt werden, die dann auf Internetseiten oder
+in Multimediapräsentation Anwendung finden.
+
+Dieses Benutzerhandbuch zeigt eine weitere Möglichkeit: Die Noten werden als
+reiner Text eingegeben und können darum sehr einfach integriert werden
+in andere textbasierte Formate wie etwa @LaTeX{}, HTML oder, wie in diesem
+Fall, Texinfo. Durch ein spezielles Programm werden die Eingabefragmente durch
+Notenbilder in der resultierenden PDF- oder HTML-Datei ersetzt. Dadurch ist
+es sehr einfach, Noten und Text zu kombinieren.
+